Wealth Management: Marktausblick

Trockeneis und Mottenkugeln

Kevin Gardiner und Victor Balfour, Global Investment Strategists

Vorwort

Haben Sie es auch verpasst? Das Intermezzo zwischen Deflationsangst und Inflationspanik, als viele Experten uns versicherten, dass alles in Ordnung sei? Oder hat sich die Wirtschaft – genau wie Trockeneis und Mottenkugeln – von einem statischen festen Aggregatszustand in Gas verwandelt und den flüssigen Zustand in der Mitte übersprungen?

Nichts davon. Schlagzeilen sagen uns nie, dass alles in Ordnung ist; die Wirtschaft ist darüber nicht erhaben. Die Nachrichtenmaschine reiht Krise an Krise, doch die wirtschaftliche Realität ist weniger volatil.

Wenn wir uns um etwas sorgen müssen, dann immer die Inflation und nie die Deflation. Wir halten die Wirtschaft für weniger anfällig als befürchtet (oder von offizieller Seite prognostiziert). Zudem gab es in der Vergangenheit viele verheerende Hyperinflationen, aber noch nie Hyperdeflationen. Die aktuelle Inflationsgefahr muss allerdings in Relation gesehen werden.

Vor allem ist es verfrüht, das Ergebnis als «Stagflation» zu bezeichnet, auch wenn die Inflation zuletzt mit einem langsameren Wachstum zusammenfiel. In den 1970er Jahren dauerte es ein ganzes Jahrzehnt, bis sich die Stagflation zusammenbraute und die Inflation je Wachstumseinheit – und dessen soziale Auswirkungen – war damals erschreckend. Könnte es erneut dazu kommen? Natürlich. Wird es erneut dazu kommen? Das bezweifeln wir aus den nachfolgend erläuterten Gründen.

Sollte die Wirtschaft wirklich stagnieren, wären die Chancen der Zentralbanken geringer, der Inflation mit höheren Zinsen entgegenzuwirken, und sie sind sich heute der sozialen Auswirkungen bewusst. Nach der aktuellen Sachlage gehen wir davon aus, dass die Normalisierung der Leitzinsen (erneut) ein wenig früher beginnen und weiter gehen wird, als die Geldmärkte erwarten. Kurzfristig ist dies wohl kaum eine gute Nachricht für die Aktienmärkte, an denen potenziell erneut Gewinne mitgenommen werden. Doch die Unternehmensgewinne könnten sich im Rennen mit den Zinsen wieder die Führung sichern und unseres Erachtens sind Anleihen strategisch stärkeren Risiken ausgesetzt.

Die Kapitalmärkte können ihren Aggregatszustand schneller ändern als die zugrunde liegende Wirtschaft.

(Die UN-Klimakonferenz COP26 – mit der wir uns bereits im August vorausschauend beschäftigt haben – ist derzeit noch im Gange und wird Thema der Dezember-Ausgabe sein.)

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