Thematic Insights – Wasserstoff

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Die UNO-Klimakonferenz (COP 26) steht an oberster Stelle der Veranstaltungsagenda für das Jahr 2021. Dies hat viele Länder weltweit dazu bewogen, ihre Strategien zur Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft zu überprüfen. Als Teil dieses Prozesses ist die Debatte rund um Wasserstoff ins Zentrum gerückt. Wasserstoff hat viele Facetten: Wasserstoffgas treibt Elektromotoren an, speichert Energie, macht Lebensmittel haltbar und wird als Treibstoff der Zukunft bejubelt, der die Abhängigkeit der Welt von fossilen Brennstoffen beenden und den Übergang zu Netto-Null-Emissionen unterstützen könnte. Aber warum ist Wasserstoff so besonders? Wie ist er strukturiert und wie wird er verwendet? Und welche künftigen Marktpotentiale bietet er?

Wasserstoff wurde 1766 vom englischen Chemiker Henry Cavendish entdeckt und ist das kleinste, älteste und am häufigsten vorkommenden Element im Universum. Er besteht aus bis zu 75 % normaler Materie und ist unabdingbar für das Leben: Die Sonne besteht hauptsächlich aus Wasserstoff und er kommt in fast allen Lebewesen vor. Auf der Erde jedoch ist reiner Wasserstoff sehr selten. Obwohl Wasserstoff (bestehend aus einem Proton und einem Elektron) überall existiert, kommt er als chemische Verbindung hauptsächlich mit anderen Elementen z. B. Wasser, Kohle oder Methan vor. Deshalb definiert die US-amerikanische Energy Information Administration (EIA) Wasserstoff als Energieträger und nicht als Energiequelle: Wasserstoff muss isoliert und aus einer Energiequelle produziert werden, damit er Energie von einem Ort an einen anderen transportieren kann.[1]  Wie also wird Wasserstoff produziert? Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Interview mit dem weltweit grössten Industriegasunternehmen Linde.

Wie von Linde bereits erwähnt, ist Wasserstoff ein farbloses Gas und bekommt, je nach Energiequelle, die zu seiner Produktion verwendet wird, eine Farbe zugewiesen. Am Ende des Produktionsverfahrens ist Wasserstoff ein sauber verbrennender Brennstoff, der bei der Verbrennung lediglich Wasser (H2O) statt Kohlendioxid (CO2) produziert. Die Produktion von Wasser als Nebenprodukt des Verbrennungsprozesses ist der Hauptpfeiler, auf dem die Wasserstoff-Wirtschaft derzeit aufgebaut wird.

Weitere Vorteile von Wasserstoff sind:

  • Reichliches Vorkommen auf der Erde (vs. schwindende Erdgas- und Erdölvorkommen),

  • Wetterunabhängige Produktion und

  • Vielseitige Verwendungsmöglichkeiten in verschiedensten Industriebranchen.

Mit den immer grösseren Klimaambitionen wird Wasserstoff mehr und mehr zu einer wichtigen Stütze der Strategien für die Energiewende. Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen verpflichten sich zur Reduktion von CO2-Emissionen, um die im Pariser Übereinkommen von 2015 gesetzten Ziele zu erreichen. Zur Erinnerung: Das Übereinkommen wurde zur Abwendung des gefährlichen Klimawandels getroffen, indem die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C (gegenüber dem vorindustriellen Niveau) begrenzt werden soll, wobei weitere Anstrengungen zur Begrenzung auf 1,5 °C unternommen werden sollen. Die Länder, die sich bis heute dazu verpflichtet haben, bis 2050 CO2-neutral zu werden, verursachen heute 70 % der globalen Emissionen, wobei über 30 Länder schon jetzt über Wasserstoffstrategien verfügen.[2] Politische Massnahmen, Kapitalinvestitionen und die breitere Wirtschaft, die diese Strategien vorantreiben sollen, stehen noch ganz am Anfang, obwohl Regierungen (allen voran Deutschland) verkündet haben, dass USD 11,4 Mrd.[3] der jährlichen Fördermittel für saubere Wasserstoffprojekte über die kommenden 10 Jahre bestimmt sind. Wenn diese Ziele einmal erreicht sind, sollte sich die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen von jetzt 82 % des Energieverbrauchs weltweit auf rund 25 % bis 2050 verringern. Fossile Brennstoffe könnten dann schrittweise auf die Kunststoffproduktion oder auf Sektoren, in denen keine alternativen Energiequellen zur Verfügung stehen, begrenzt werden. Im optimistischsten Szenario könnte Wasserstoff in dieser Gleichung bis zu 25 % der weltweiten Energienachfrage decken.[4]

Derzeit werden rund 120 Millionen Tonnen Wasserstoff jährlich produziert[5], wobei der grösste Teil als Chemieerzeugnis in der mineralölverarbeitenden Industrie oder in der Düngemittelbranche verwendet wird (siehe unser Interview mit Linde für eine detaillierte Beschreibung). Diese Zahl sollte sich verfünffachen (auf 614 Millionen Tonnen bis 2050), denn Wasserstoff wird in energieintensiven Branchen wie der Schifffahrt oder der Stahlindustrie verwendet, die nur schwer zu dekarbonisieren sind. Damit eine CO2-neutrale Wirtschaft geschaffen werden kann, wird der grösste Teil dieses Wasserstoffs aus erneuerbaren Quellen stammen müssen. Bereits heute gibt es die entsprechende Technologie, nämlich die Elektrolyse (Trennung von Wasser in H2 und O), die mit erneuerbarer Energie (die keine CO2-Emissionen verursacht) versorgt wird.

Bisher allerdings sind die Kosten der Hauptgrund für die zögerliche Verbreitung der Wasserstoffverwendung. Es laufen jedoch Initiativen zur Kostensenkung, darunter auch das UN Green Hydrogen Catapult. Dieses Projekt, das von den weltweit grössten Entwicklern von grünem Wasserstoff lanciert wurde, zielt auf eine ungefähre Halbierung des Wasserstoffpreises auf USD 2 pro Kilogramm bis 2026 ab (was USD 50 pro Megawattstunde entspricht). Die US-Regierung hat auch Programme ins Leben gerufen, mit denen die H2-Produktion erschwinglicher werden soll, z. B. das US Hydrogen Energy Earthshot, das mit seinem «1,1,1»-Programm darauf abzielt, den Preis für sauberen Wasserstoff bis 2030 um 80 % auf USD 1 pro Kilogramm zu senken, einem Fünftel des Preises per dem 4. Quartal 2021.

 

Die aufkommende Wasserstoff-Wirtschaft wird sich auf viele Branchen auswirken:

- Mobilität und Verkehr, wo die Wettbewerbsfähigkeit des mit Wasserstoffbrennstoffzellen angetriebenen Transports von den Kosten für Brennstoffzellen und Wasserstofftankstellen abhängen wird. Darüber hinaus verfügen Schiff- und Luftfahrt nur über begrenzte kohlenstoffarme Treibstoffoptionen, wodurch sie eine Chance für wasserstoffbasierte Treibstoffe bieten.

- Gebäudeheizung und Strom, wo Wasserstoff bestehenden Erdgasnetzwerken zugemischt werden könnte, wobei das grösste Potenzial in Mehrfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien, insbesondere in dicht besiedelten Städten, liegt. Längerfristig könnte die Verwendung von Wasserstoff in Heizkesseln oder Brennstoffzellen in Betracht gezogen werden.

- Stromerzeugung, denn Wasserstoff ist eine der wichtigsten Optionen zur Speicherung erneuerbarer Energie und er kann zur Erhöhung der Flexibilität von Stromversorgungssystemen in Gasturbinen eingesetzt werden.[6]

- Industrielle Energie und Industriegüter, die ihre Industrieverfahren dank Wasserstoff dekarbonisieren können.

Laut einer McKinsey-Studie haben über 30 Länder Wasserstoff-Strategiepläne entwickelt und Regierungen weltweit haben öffentliche Mittel zur Unterstützung der Dekarbonisierung mittels Wasserstoff-Technologien bereitgestellt. Nicht weniger als 359 gross angelegte Projekte wurden entlang der Wertschöpfungskette angekündigt und es wird geschätzt, dass sich die damit verbundenen Gesamtinvestitionen bis 2030 auf USD 500 Milliarden belaufen werden. Technologische Fortschritte haben die Wasserstoffproduktion verbilligt und effizienter gemacht, was zusammen mit dem Engagement der Regierungen den Aufbau der neuen Wasserstoff-Wirtschaft vorantreiben wird. Ist Wasserstoff also die Antwort auf die Frage, wie wir Netto-Null erreichen können? Die Perspektiven für Wasserstoff scheinen spannend zu sein und es bestehen grosse Hoffnungen, dass das im Universum am häufigsten vorkommenden Element helfen könnte, CO2-Neutralität auf der Erde zu erreichen.

Wie in unserem Interview mit Linde angesprochen, wird der Wasserstoff-Markt momentan heiss diskutiert. Aufgrund der vielen Pilotprojekte im Markt ist es umso wichtiger, dieses Thema mit dem richtigen Berater anzugehen. Unser Investment & Portfolio Advisory Team hat viel Zeit in die Analyse des Wasserstoff-Marktes investiert und freut sich darauf, Ihre Fragen zu einem für Sie günstigen Zeitpunkt zu beantworten. Bitte wenden Sie sich dazu an Ihren Kundenberater.

Für weitere Informationen über unsere Investment- und Portfolio-Beratungsdienste kontaktieren Sie uns bitte. 

 

[1] IEA, Net Zero by 2050 A Roadmap for the Global Energy Sector, Juli 2021
[2] IRENA, World Energy Transitions Outlook, 1.5° pathway, Juni 2021
[3] 2H2021 Hydrogen Market Outlook, Bloomberg New Energy Finance, August 2021
[4] Hydrogen Council
[5] IRENA, Hydrogen: A Renewable Energy Perspective, September 2019
[6] IEA, The Future of Hydrogen: Seizing today’s opportunities, Juni 2019

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