"Wir sind atemberaubend schlecht vorbereitet."
Ein Gespräch mit Karl-Theodor zu Guttenberg, ehemaliger Bundesminister für Wirtschaft,
Technologie und Verteidigung, sowie anerkannter USA-Experte.
Herr zu Guttenberg, Trumps Wahl und das AmpelAus: eine Belastung für die transatlantischen Beziehungen oder eine Chance für Deutschland?
Es ist durchaus eine Chance – in zweifacher Hinsicht: Zum einen bleibt uns ein quälender, weitgehend handlungsunfähiger Ampel-Schlussakkord bis September 2025 erspart. Eine neue Regierung wird zwar bei der Inauguration Trumps am 20. Januar noch nicht gewählt und installiert sein, aber es entsteht positiver Druck, Koalitionsverhandlungen ohne Trödelei abzuschließen, um hoffentlich selbstbewusster und kraftvoller international auftreten zu können. Zum anderen ist die Wahl Trumps ein weiterer schriller Weckruf, endlich die lange ausstehenden Hausaufgaben anzugehen, um Europa und unser Land gemäß den neuen globalen Realitäten aufzustellen.
Worauf wird Trump zu Beginn seiner Präsidentschaft fokussieren? Erwarten Sie einen anderen Trump als 2017?
Selbstverständlich. Er ist weitaus besser vorbereitet als 2017. Dies zeigen bereits die Handlungen und Kabinettsbenennungen kurz nach der Wahl. Die ersten hundert Tage werden von zahlreichen Maßnahmen geprägt sein. Sie reichen von Deregulierungen über ausgeweitete Steuersenkungen bis hin zu Exportkontrollen. In der Handelspolitik dürften erste Weichen für erhöhte Zölle gestellt werden. Diese dienen aber auch als Verhandlungschip mit Ländern wie China, Mexiko, Kanada und nicht zuletzt Europa. Außen- und sicherheitspolitisch stehen die Zeichen auf einen Deal mit Russland und der Ukraine. Hier ist eine mittelfristige Verschlechterung der europäischen Position alles andere als ausgeschlossen. Umso wichtiger ist es, dieser Entwicklung kraftvoll entgegenzutreten.
Eine vollkommene Abschottung ist illusionär.
Wie entwickelt sich die US-Wirtschaft? Ist Abschottung in der heutigen Zeit der richtige Weg?
Eine vollkommene Abschottung ist illusionär. Das wissen auch Trump und seine wirtschafts- und finanzpolitischen Getreuen. Gleichwohl können einige der angedachten Schritte potenziell Unruhe auf den Weltmärkten stiften. Zudem kann es zu einer bemerkenswerten Zahl von Firmenverlagerungen und Produktionsansiedlungen in den USA kommen. Aber geben wir uns keinen Träumereien hin: Die US-Politik ist seit Längerem – auch bereits vor Trump II – auf größtmögliche Unabhängigkeit fixiert sowie von dem Ziel getragen, sich nicht von Dritten die Konditionen diktieren zu lassen. Im Energiebereich beispielsweise sind die USA bereits Netto-Exporteur. Gleichzeitig bleiben auch die Vereinigten Staaten auf Absatzmärkte angewiesen. Hierin liegt auch eine Chance für Europa. Zudem sollten wir die eigene Unabhängigkeit forcieren. Bis dahin ist es in einigen Schlüsselsektoren allerdings noch ein steiniger Weg.

Der ehemalige Bundesminister signierte für unsere Kunden zahlreiche Buchexemplare seines neuesten Werks „Gysi gegen Guttenberg“.
Wie gut ist Deutschland auf Trump vorbereitet und was hätten wir in den letzten Jahren besser machen können?
Wir sind atemberaubend schlecht vorbereitet. Insbesondere hat man sich parteiübergreifend davor gescheut, belastbare Beziehungen in das Trump-Lager aufzubauen. Bekanntlich kann das Prinzip Hoffnung in internationalen Beziehungen niemals ausreichen. Zudem kommen viele der angekündigten Maßnahmen alles andere als überraschend. Der Vorwurf mangelnder Vorbereitung trifft allerdings nicht nur die Politik, sondern auch weite Teile der Wirtschaft.
Durch devotes Katzenbuckeln wird man unsere Interessen nicht durchsetzen.
Welche politischen Herausforderungen erwarten Europa und welche deutschen Industrien könnten von Trumps Handelspolitik besonders betroffen sein?
Neben einem zu erwartenden Kurswechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik wird die Trump’sche Lesart von „America First“ nicht ohne Wirkung auf einige Schlüsselindustrien unseres Landes sein. Beispielhaft seien hier nur die Pharma- und Automobilbranche mit den damit verbundenen Zulieferketten genannt. Konsequenterweise werden auch nicht unerhebliche Teile unseres Mittelstands betroffen sein.
Wie können wir die Herausforderungen meistern und wie sollten wir grundsätzlich mit Trump umgehen?
Jedenfalls wird man nicht durch devotes Katzbuckeln unsere Interessen durchsetzen. Er geht nicht selten mit Maximalforderungen in Verhandlungen. Hierauf muss man mit einem entsprechenden Gegeninstrumentarium vorbereitet sein, um einem transaktional denkenden Trump einen Deal abzuringen. Entscheidend wird es sein, sich nicht in nationale Partikularinteressen auseinanderdividieren zu lassen, sondern – wo immer es geht – mit der Wirtschaftskraft Europas oder einiger Verbündeter aufzutreten.
Sind die USA unter Trump weiterhin ein Land, in dem Sie sich vorstellen könnten zu leben?
Ich lebe gerne wieder in Europa. Aber auch die USA bieten, unabhängig von der politischen Führung, weiterhin erhebliche Potenziale. Zudem wird es eine Zeit nach Trump geben, auf die man sich nicht früh genug vorbereiten kann.
Was bereitet Ihnen die größten Sorgen bei den aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland?
Die bedenkliche Tonalität in Politik und Gesellschaft. In manchen Bereichen sind wir von den Zuständen in den USA nicht allzu weit entfernt.
Vielen Dank, Herr zu Guttenberg!
Das Gespräch führte Mitte Dezember Sandra Chattopadhyay, Verantwortliche für die Investmentkommunikation bei Rothschild & Co Deutschland.
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