Insights Issue 14: Amerikanische Horizonte

Laurent Gagnebin
CEO, Rothschild & Co Bank AG

Brücken bauen

Ein Interview über schweizerisch-amerikanische Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten

Trotz der erheblichen Unterschiede in der Grösse der Länder haben die Schweiz und die Vereinigten Staaten eine lange und tief verwurzelte Geschichte. So feierten nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg Tausende Schweizer und Schweizerinnen den Sieg der Nordstaaten, was von einem starken Solidaritätsgefühl zeugt. Im Jahr 1865 unterzeichneten 20.000 Schweizer eine Beileidsbekundung zum Tod von Abraham Lincoln – eine aussergewöhnliche Geste in einer Zeit, in der man noch dabei war, nationale Identitäten zu entwickeln, und das Unterzeichnen von Petitionen weit weniger gängig war als heute. Der Regierungsrat des Kantons Aargau bezeichnete die USA als «unsere grosse Schwesterrepublik jenseits des Ozeans», ein Gedanke, den der Botschafter der Vereinigen Staaten von Amerika erwiderte, indem er die unerschütterliche Freundschaft der Schweiz gegenüber ihrer «grösseren Schwesterrepublik» lobte.

In diesem Interview gibt Christoph Besmer, Schweizer Aussenhandelsbeauftragter und Head of Investment Promotion in den Vereinigten Staaten, Einblicke in die Entwicklung der schweizerisch-amerikanischen Beziehungen, eine einzigartige Perspektive auf kulturübergreifende geschäftliche Interaktionen und erörtert die Schlüsselfaktoren, die die Zukunft der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen bestimmen.

1. Wie würden Sie den derzeitigen Stand der Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz beschreiben?

Das Verhältnis der beiden «Schwesterrepubliken» ist stabil und von gegenseitigem Vertrauen geprägt bezeichnen - trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten zur globalen Wirtschaftspolitik und zu steuerrechtlichen Regelungen. Die USA schätzen die Rolle der Schweiz als neutrale Vermittlerin in internationalen Konflikten. Beide Länder vertreten ähnliche Werte und pflegen enge wirtschaftliche Beziehungen, die sich für beide kontinuierlich als vorteilhaft erweisen. Die Schweiz ist mit Investitionen von über 330 Mrd. USD der siebtgrösste ausländische Direktinvestor in den USA. Besonders seit 2021 sind die USA der wichtigste Handelspartner der Schweiz.

2. Welche Faktoren veranlassen US-Unternehmen dazu, in der Schweiz zu investieren und welche Herausforderungen und Chancen gilt es zu berücksichtigen?

Der Swiss Business Hub USA führt Gespräche mit Führungskräften von US-Unternehmen, die an einer internationalen Expansion und/oder an einer Umstrukturierung und Optimierung ihrer globalen Aufstellung interessiert sind. Die Schweiz ist einer der attraktivsten Standorte für Unternehmen weltweit, was sich auch in ihren Top-Platzierungen in internationalen Rankings widerspiegelt. Die Schweiz ist sicherlich kein Niedrigkostland, bei der Standortwahl muss ein potenzieller Investor jedoch eine Vielzahl von Faktoren abwägen. Es gibt zahlreiche gute Gründe dafür, ein Unternehmen in der Schweiz anzusiedeln: Vor allem bieten innovative Spitzenforschung und -technologie, ein liberales Wirtschaftssystem, politische Stabilität, enge Vernetzung mit ausländischen Märkten, ein hervorragendes Bildungs- und Gesundheitssystem, eine herausragende Infrastruktur, ein hoher Lebensstandard und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem einen überzeugenden Mix aus harten und weichen Standortfaktoren. Die Schweiz profitiert von einem starken lokalen Ökosystem, das Schlüsselindustrien wie Gesundheitswesen, Finanzen, digitale Welten und Nahrungsmitteltechnologie, um nur einige zu nennen, in denen beide Länder führend sind, zur Verfügung steht.